„Sprachminen“ – eine häufige Ursache für teure Rechtsstreite

Kategorie: Beitrag, Verträge

💣 Englische Fachbegriffe können in internationalen Wirtschaftsverträgen echte „Sprachminen“ darstellen. Das ist häufig der Grund für teure Rechtsstreite.

Warum ist das so?

Es wird ein englischsprachiger Vertrag verhandelt. Dieser soll deutschem Recht unterstehen.

Die Vertragsparteien verwenden dabei englische Fachbegriffe.

Diese Fachbegriffe haben einen typisch englisch‑rechtlichen Bedeutungsgehalt. Sie können zwar übersetzt werden. Im deutschen Recht gibt es diese Begriffe aber nicht. Sie ergeben dort keinen Sinn.

Klar, die meisten Verträge werden geräuschlos abgewickelt. Die Vertragsparteien verstehen sich, der Vertrag wird für beide Seiten erfolgreich abgewickelt. Völlig egal, ob es da Sprachrisiken im Vertrag gab.

Aber: Was ist, wenn eine Vertragspartei mit ihrer Leistung in Verzug ist? Was ist, wenn mangelhaft geliefert wird?
Dann kann es auf die Auslegung eines einzigen englischen Fachbegriffes im Vertrag ankommen.
Kommt es zum Rechtsstreit, kann dessen Ausgang von der Auslegung dieses Fachbegriffes abhängen.

Beispiel: Kürzlich ist mir ein englischsprachiger Vertrag zur Prüfung vorgelegt worden, für den deutsches Recht gelten sollte.

Dem Lieferanten sind Fristen zur Lieferung einer Maschine, Durchführung eventueller Nachbesserungen usw. gesetzt worden. Dabei wurde im Vertrag stets die englische Klausel „time ist oft the essence“ eingefügt.

Nach englischem Recht ergibt diese Klausel Sinn.

Nach deutschem Recht ist dagegen unklar, ob es sich damit um die Regelung eines Fixgeschäftes handeln soll. Ob bei Fristüberschreitung nur Verzug eingetreten ist oder ein Fixtermin überschritten worden ist, ist natürlich ein wesentlicher Unterschied.

Kommt es zum Streit zwischen den Vertragsparteien, muss die Klausel ausgelegt werden. Fällt die Auslegung zuungunsten des Lieferanten aus (also: Fixgeschäft), kann das teuer für ihn werden.

Solche „Sprachminen” müssen erst einmal erkannt werden.

Das setzt gute Kenntnisse im deutschen Recht und wenigstens Grundkenntnisse im englischen Recht voraus.

Allein deshalb empfiehlt es sich, einen Fachanwalt für internationales Wirtschaftsrecht einzuschalten, um englischsprachige Verträge zu überprüfen. Insbesondere, wenn es um viel geht.

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Dr. Christian Westerhausen, LL.M.
Fachanwalt für Intern. Wirtschaftsrecht